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Überblick über die Geschichte von…

…Wadrill

1258 Dem Probst und dem Stiftskapitel von St. Paulin wird „das ausschließliche Wildbannrecht auf ihrem Grundbesitz in Wadrill … zugesprochen“ (Heimatbuch S. 32)

1275 Kellereirechnung von St. Paulin. Hier sind auch Abgaben aus Wadrill verzeichnet

1330 „Taxa generalis“: In dieser Steuerliste wird auch das Landkapitel Wadrill genannt

1577 Synode von Wadrill. Die Rechte und Einkünfte des Pfarrers werden verlesen. Die Sendschöffen bringen zahlreiche Rügen gegen Bürger vor

1591 Jahrgeding in Wadrill: In einem Weistum erneuert der Probst seine Herrschaftsrechte. Hierin wird die Gemarkung Wadrill genau beschrieben. Im Schöffenbuch werden als Zender Leonart Koeffer und als Meier Hans Theinis genannt. Die Wadriller Bürger unterstehen also sowohl dem Trierer Kurfürsten wie dem Stift St. Paulin als Grundherren

1761 Das Landkapitel Wadrill umfasst 37 Pfarreien

1765 Der Ort wird erstmals „Wadrill“ genannt

1768 und 69 Probsteirechnungen mit genauer Aufzählung der Abgaben

1768 Erwähnung der Quirinus-Bruderschaft in einer Erneuerungsurkunde

1766-68 Bau eines neuen Chores und eines neuen Kirchenschiffes. Die neue Kirche ist 17 m lang und 8,80 m breit, also wesentlich größer als die erste Kirche

1793 Älteste Erwähnung des Schieferbergbaus in Wadrill („Leienbrüche“)

1803 Neuordnung der kirchlichen Verhältnisse. Die Wadriller sind für die Besoldung des Pfarrers zuständig

1824 Bau einer neuen Schule (heute Jugendclub und Kelter)

1834 Der neue Friedhof wird eingesegnet

1862 Tödlicher Unfall von Anna Maria Brücker am Kaisergarten in Wadern (s. Infotafel Wegekreuz)

1869 Wadrill kommt zum neuen Dekanat Wadern. Sitzerath ist nach wie vor Filiale (bis 1928)

1874 Gründung des Kath. Kirchenchores

1875 Gründung des Kath. Berg- und Hüttenarbeitervereins „St. Barbara“. 1884 Eintragung als kirchlicher Verein. Später kommen noch die Fabrikarbeiter dazu

1889 (24.12.) Einsegnung des neuen Kirchenschiffes durch Pfr. Görgen (Konsekration am 24.4.1896 durch Weihbischof Karl Ernst Schrod)

1901 Gründung des Männergesangvereins „Liederkranz“

1908 Ausmalung des neuen Kirchenschiffes unter Pfr. Steffen

1913 Einpflanzung eines Lindenbaums beim Kreuz (zur Erinnerung an die Jahrhundertfeier der Völkerschlacht bei Leipzig)

1914 Die Gemeinde wird an das Stromnetz angeschlossen

1915 (21.5.) 100 russische Kriegsgefangene im Lager auf dem Stückel (s. Infotafel „Russebuhr“) angekommen (bis Sommer 1916)

1922 Gründung des Männergesangvereins „Constantia“

1922 Gründung eines christlichen „Müttervereins“. Daraus entstand 1979 die „Kath. Frauengemeinschaft Wadrill, Gehweiler, Reidelbach“

1927 (10.2.) Gründung der Freiwilligen Feuerwehr Wadrill (Schon früher gab es eine Pflichtfeuerwehr)

1928 Bau des neuen Pfarrhauses

1928 Bau der neuen Durchgangsstraße durch Wadrill („Nau Stròòß“), heute Hermeskeiler Straße

1933 Bei der Reichstagswahl am 5. März erhält das Zentrum 368 Stimmen, die NSDAP 117, die SPD 92, die KPD 84

1935 Ausbau der Straße nach Sitzerath

1938 Übermalung des Innenraums der Kirche durch Gottwald

1944 (8.12.) Bomben auf den Wadriller Dreschschuppen

1945 (17.3.) Befreiung Wadrilltals durch die US-Amerikaner

1946 (22.12.) Errichtung des franz. Zolls an der Straße nach Hermeskeil (bis 1959)

1946 (10.6.): Gründungsversammlung des Fußball Clubs Wadrill bei Fritzen

1953 Ende des Schieferabbaues

1953 Gründung des DRK-Ortsvereins Wadrill

1954 offizielle Einführung von Straßennamen mit Hausnummern. Mit der Gebietsreform 1974 angepasst

1954 Bau der Marienkapelle in der Perch

1955 (9. Mai) Eröffnung der Hochwaldalm und erster Jungviehauftrieb

1955 (10.10.) Heimkehr von Alois Brücker aus russischer Kriegsgefangenschaft

1955 (23.10.) Saarabstimmung: 86,9 % der Wadriller lehnen das Saarstatut ab und wollen den Anschluss an die Bundesrepublik Deutscheland

1958 (Herbst) erste Filmvorführung im Wadriller Kino „Forsthof Lichtspiele“ (Schließung 1971)

1958 Errichtung der Kriegsopfer-Gedächtniskapelle auf dem Friedhof

1959 (6.7.) wirtschaftl. Vereinigung des Saarlandes mit der Bundesrepublik. Der Wadriller Zoll wird aufgehoben

1959 (15.9.) Einweihung der neuen (Volks-) Schule

1964 Gründung des Karnevalsvereins „Die Fratzenmacher“

1964-66 Bau des Kindergartens

1966 Arbeiten im Pflanzgarten (heute Harteichhütte) eingestellt

1966 (11.9.) Einweihung des neuen Kindergartengebäudes „St. Theresia“

1967 (9.1.) Aufnahme des Kindergartenbetriebes mit 37 Kindern

1969 (1.5.) Pfr. Waldemar Schuler in Ruhestand

1969 Einführung von Pfr. Willibrord Gerber

1971 Auflösung der Kath. Volksschule Wadrill. Die Klassen 5-9 müssen auf weiterführende Schulen wechseln. Einweihung der neuen Aufbahrungshalle auf dem Friedhof

1971 (15.11.) Gründung des freien Jugendclubs Wadrill (JCW)

1972 Zusammenschluss der beiden Männergesangvereine unter dem neuen Namen „MGV Frohsinn“

1973 (17.5.) Der ehemalige Pfarrer von Wadrill, Waldemar Schuler, wird bei einem Verkehrsunfall in Losheim tödlich verletzt

1974 Gebietsreform im Saarland: Wadrill und Gehweiler werden Stadtteile von Wadern, Reidelbach gehört zum Stadtteil Wedern

1976 Neugründung der FDP-Ortsgruppe

1977 (17.-20.6.) Kirchenbasar

1978 Sittlichkeitsverbrecher Horst Sch. verurteilt

1979 (21.5.) Gründungsversammlung des Tennisclubs

1979 (26./27.5) Feier 25 Jahre Jungviehalm

1979 (16./17.9.) Einweihung der Harteich-Hütte

1979 Diskussion über einen Talsperrenbau oberhalb der Fischzuchtanstalt

1981 Kirchenrenovierung abgeschlossen

1981 (Ende Dezember) Hochwasser der Wadrill richtet erheblichen Schaden an

1982 (28.2.) Verabschiedung der letzten spanischen Schwestern aus dem Kindergarten

1983 (17.4.) Gründung der Sparte Tischtennis im Jugendclub

1983 (11. -19.6.) 1000-Jahr-Feier

1988 Gründung der Jugendfeuerwehr

Gehweiler

5.-3- Jh.v.Chr. Besiedlung in der jüngeren Hunsrück-Eifel-Kultur (HEK). Belege dafür sind acht Gräber, die 1997 von Markus Greten auf dem Preußenkopf entdeckt wurden. (s. Artikel Archäologie)

1248 Erste urkundliche Erwähnung in einer Urkunde. Ort und Name sind sicher älter. Der Name ist wohl auf die Lage an einem steilen, jähen Berghang („gäh“) zurückzuführen.

Im 13. Jh. hat das „edle Geschlecht“ derer von Gewilre hier seinen Ursprung. Es steht in den Diensten der Herren von Grimburg.

1572 Wilhelm und Molterß Hanßen erhalten die Erlaubnis, auf ihrem Grund und Boden eine Mahlmühle zu errichten

1595 kommt eine 2. Mühle dazu

Vom Anfang des 16. bis zum Ende des 18. Jh.s unterstand Gehweiler der Herrschaft Dagstuhl. Die Bauern lebten auf sogenannten Stockgütern, Bauernhöfen, die nicht geteilt werden durften, sondern als ganzer Stock bewirtschaftet werden mussten.

Im 18. Jh. wurde die Ludwigskapelle erbaut. Das genaue Gründungsdatum ist nicht bekannt. (Foto von 2022)

Im 17. Jh. gibt es 12 Stockbauern, deren Hausnamen überliefert sind.

1762 Gehweiler Bauern überfallen den Reidelbacher Hof wegen eines Streits um Weiderechte

1772 baut Johannes Claßen neben seiner Sägemühle eine Mahlmühle. Dazu kommt bald noch eine Öl- und Walkmühle

1884 Neubau der Saibrücke (Ende Reidelbacher Straße)

1923 erhält Gehweiler den Anschluss an das Wasserleitungsnetz, nachdem dies vorher mehrmals vom Gemeinderat abgelehnt worden war

1926 Ausbau der Hauptstraße, der sog. „Provinzialstraße“

Die Beschlussbücher des Gemeinderates aus den Jahren von 1930 bis 1966 sind leider nicht mehr auffindbar.

1937 (10.11.) Schaffung einer Pflichtfeuerwehr

1937 (15.11.) Der 46-jährige, „schwer kriegsbeschädigte“ Nikolaus („Nekla“) Latz ermordet seine 44-jährige Ehefrau und tötet sich anschließend selber

1940 Einstellung des Mahlbetriebes in der Mühle Hauer

1940 „Kriegskindergarten“

1957 erschießt sich Nekla Braun (in seinem Hundezwinger bei der Saibréck)

1961 Amtsfeuerwehrtag in Gehweiler. 25-jähriges Bestehen der Feuerwehr

1962 September) Großfeuer in der ehemaligen Mühle von Klaus Hauer. Stall und Scheune brennen vollständig nieder

1969 Gründung des Schützenvereins  „Gut Schuss“, Gehweiler

1970 Verkauf der Walz-Mühle

1972/73 Umbau der ehemaligen Gefrieranlage zu einem Schützenhaus

1974 Die Gemeinde Gehweiler verliert ihre kommunale Selbständigkeit und wird Stadtteil von Wadern. Erster Ortsvorsteher wird Ernst Treitz

1975 Die Straßennamen werden umgeändert

1977 (12.8.)  Diebstahl mehrerer Statuen aus der Kapelle

1984 Neuer Ortsvorsteher wird Alois Schneider

1985 Kapellenfest

1993 Begründung der Partnerschaft zwischen Gehweiler und Sobotka/Tschechien

Reidelbach

Aus der jüngeren Geschichte

„De Hu:erwer hann groß Féiß, äwwer de Käpp säin normal“

  • Reidelbach – mehr als große Füße

Manfred Paulus (2019)

Mein kleiner Heimatort verdankt seinen Namen wohl dem kleinen Rinnsal Rendelbach, dessen Quelle oberhalb der Pflanzenkläranlage entspringt und an der alten Eiche vorbei nach Wedern fließt.

Eine kurze Vorgeschichte

Auf eine Besiedlung bereits in der Römerzeit deutet eine ganze Reihe von Grabfunden hin. Zuletzt wurde 1997 ein kleines Gräberfeld in der Nähe der Kläranlage untersucht.

Erstmals urkundlich erwähnt werden 1332 sogenannte Zinsguterben des Reidelbacher Hofes, der zum Gut des Trierer Stiftes „St. Simeon“ gehört. Vor 1600 war der Hof wieder verfallen. 1763 wurde das heute noch bewohnte „Franz-Haus“ gebaut und damit ein neues Hofgut errichtet. Um einen Innenhof entstanden außerdem Wirtschaftsgebäude, eine Scheune und Stallungen. Von 1764 bis 1784 wurden dort 11 Mädchen und 8 Buben geboren. Das Herrschaftsgebiet gehörte Graf Joseph Anton von Sötern in Dagstuhl und man sprach vom „Reidelbacher-Gelendt bei Geheweiler“. 1803 kam es zur Pfarrei Wadrill und 1815 führten die Preußen die politische Zugehörigkeit zu Wedern ein. 15 Menschen lebten hier. Ein Notar Rövening vermerkte 1834: „Der Reitelbacher Hof bei Wadrill gelegen, auf dem Bann von Wedern, Bürgermeisterei Wadern im Kreis Merzig“. Also schon über 200 Jahre lang ist der Ort kulturell und verwaltungstechnisch nach zwei unterschiedlichen Gemeinden orientiert.

Reidelbach und Wedern

Mit Wedern teilten wir uns nur das Jagdrevier und den Ortsrat. Darüber hinaus bestanden nie allzu viele oder enge Kontakte zwischen den beiden Dörfern. Vielleicht ist dies aber auch der nicht ganz günstigen Verkehrsanbindung geschuldet. Eine Hauptstraße direkt dorthin gibt es ja nicht, nur einen asphaltierten „Feldweg“.

Aus der jüngeren Geschichte

1903 gründeten Reidelbacher Bürger eine privat finanzierte Wasserleitungs-Genossenschaft. Im Zuge der beginnenden Wasserversorgung durch die Gemeinde ging diese Genossenschaft in den 1921 gegründeten Bürgerverein über. Mitglied wurde aus jedem Haus nur der Haushaltungsvorstand, also der Mann.

Wirtin Maria Paulus und deutsche Soldaten 1940 vor der Gastwirtschaft „Gelzer“
Die Gastwirtschaft in den 1950er Jahren

An Weihnachten 1938 wurde in meinem Elternhaus, der „Gelzer-Wirtschaft“, ein Kalb mit zwei Köpfen geboren. Damit wenigstens das Muttertier die gefährliche Geburt überleben konnte, wurden die beiden Kalbsköpfe im Mutterleib mit einem dünnen Sägedraht voneinander getrennt. Das ansonsten gesunde Kalb starb dabei. Die beiden Köpfe wurden präpariert und jahrzehntelang den Gästen im Lokal gezeigt.

Die beiden Kalbsköpfe von 1938
Die Gastwirtschaft „Gelzer“ 1972

1954 erfolgte die Gründung des Schützenvereines „Wilhelm-Tell“, geschossen wurde im Nebensaal der Gastwirtschaft, 1970 wurde mit dem Bau des Schützenhauses mit 10 m Luftgewehr-Schießstand begonnen.

1958 erfolgte die Gründung einer Gefrier-Genossenschaft innerhalb des Bürgervereins.  An das Wohnhaus von Johann Paulus wurde eine Tiefkühlgefrier-Gemeinschaftsanlage angebaut. 20 Gefriergefache und ein Vorkühlraum für das Aufbewahren ganzer Schweine- und Rinderhälften dienten damals den üblichen Hausschlachtungen des eigenen Viehs –  Schwein, Kuh oder „Bergmannskuh“. Dies reichte dem kleinen Dorf aus. Mit dem Einzug der Kühltruhen wurde die Anlage überflüssig und wegen anstehender größerer Reparaturen ab 1978 nicht mehr genutzt. Eine kleine Poststation war bei „Jungels-Anna“ im ersten Haus links von Wadrill her kommend.

1963 erlebte Reidelbach mit der Primizfeier des hier aufgewachsenen Paters Albert Dewald (geb. 1927) etwas ganz Besonderes. Im Steyler-Aufbaugymnasium Geilenkirchen bei Aachen hatte er sein Abitur gemacht, dort wo in den 1960er und 70er Jahren auch einige Wadriller Jungen die Schule und das Internat besuchten, so auch ich. Am Ostersonntag waren in Wadrill und Reidelbach die Straßen geschmückt, zu Fuß gingen zahlreiche Verwandte und Bekannte in einer langen Prozession zur Primizmesse in die Pfarrkirche nach Wadrill. Kurz danach wurde er von den Steyler Missionaren nach Japan geschickt, heiratete jedoch später und wurde Professor an der Universität von Nagoya.

Dort schrieb er 1987 ein detailreiches Buch über sein geliebtes Heimatdorf. Darin ging er auch auf die typischen Reidelbacher Namen Görgen, Brücker, Nickels, Marx, Scherer und Paulus ein und zeigte genau deren Stammeslinien auf. (s. Buchempfehlungen) Mit ihm stand ich per Luftpost im regen Briefkontakt. Er verstarb 1994 im Alter von nur 67 Jahren.

1980 schloss die alte Gastwirtschaft „Gelzer“ und ein Jahr später eröffneten Kurt und Steffi Paulus ihr „Hotel-Restaurant Reidelbacher Hof“. Es war bis 2020 für unsere Region und überregional für viele Festivitäten ein beliebtes Haus.

1997 bauten Mitglieder des Bürgervereins in Eigenleistung auf vereinseigenem Gelände eine Brunnenanlage mit Ruhebänken. Gespeist wird sie durch das überlaufende Quellwasser der Notwasserversorgung vom Molterkopf. Der Sandsteintrog wurde vom Bildhauer Professor Paul Schneider bearbeitet, der auch schon den „Sonnenstein“ zwischen Reidelbach und Wadrill hergestellt hatte.

Vom Bürgerverein wird auch der alte Brauch des Maibaumaufstellens im Dorf gepflegt. Die Männer fällen den Baum, schmücken die Krone und stellen ihn an Hexennacht auf. Frauen backen im Schützenhaus die von den Kindern im Dorf gesammelten Eier. Anschließend findet ein gemütliches Beisammensein statt.

Im Jahr 2017 demontierten Vereinsmitglieder die zwei – 1945 für Kriegsevakuierte errichteten, inzwischen maroden – Wochenendhäuser und bauten dort – am Saar-Hunsrück-Steig gelegen – eine Holzblockhütte. Das Gelände heißt heute „Bürgerpark zur Weinburg“ – nach den Familien Weinert und Burger, die nach dem 2. Weltkrieg dort zwei Notunterkünfte errichtet hatten.

Hu:erwer Besonderheiten

Den echten Reidelbacher erkannte man an seinen großen Füßen (von den langen Fußwegen) und am häufigen Gebrauch des Wortes „greilisch“.  Fast alle Einwohner lebten vor 100 Jahren von der Landwirtschaft und waren Ackerer, erst nach dem 1. Weltkrieg wurden einige zu Bergleuten und Hüttenarbeitern.

Wald und Jagd spielten wegen der ausgedehnten Wälder eine wichtige Rolle.  Reidelbacher waren und sind hier nicht nur Jäger, sondern auch Jagdpächter. Hirsche, Wildschweine, Rehe, Fasane und Hasen laufen ihnen oft vor die Flinte.

Einige Geräte dienten der gesamten Dorfgemeinschaft: eine eiserne Flurwalze für das Einebnen der Schollen beim Ackerbau sowie ein großer hölzerner Kappesschröter, um Sauerkraut zu schroten und einzumachen.

Wenn vier Buben bei uns Fußball spielen wollten, wurden hinter dem Haus von „Paulus-Häns“ zwei Tore mit Stecken markiert und jedes Tor mit zwei Torhütern besetzt. Diese schossen dann alle abwechselnd jeweils auf die andere Kiste. Vielleicht hat diese besondere Spielweise einige Reidelbacher Jungen zu besonders guten Torhütern ausgebildet.

(Fast) alle Wege führten nach Wadrill

1960 wurde ich mit 50 Kindern aus Wadrill, Gehweiler und Reidelbach in die Kath. Volksschule Wadrill eingeschult.  In jedem Winter stapften 10 Reidelbacher Kinder im tiefen Schnee zwei Kilometer in den Fußspuren von „Peder-Johannchen“, der bereits morgens in die Frühmesse gegangen war. Der Name „Kirchenpfad“ hatte seine Berechtigung. So wie vor uns Generationen Reidelbacher machten wir uns alltäglich zu Fuß auf diese Strecke in die Schule, sonntagmorgens ins Hochamt und nachmittags in die Andacht sowie zu Beerdigungen auf den Friedhof. Der Nachhauseweg dauerte oft zwei Stunden, da wir ja im Sommer den Seelbach aufstauen mussten, um uns dann mit erfrischend kaltem Seelwald-Wasser bespritzten zu können. Das Mittagessen war natürlich verkocht und die Schuhe standen knöchelhoch voll mit Wasser.

Des Öfteren ging ich mit meiner Mutter zu Fuß über Wedern nach Wadern zum Markt, und die dort erstandenen Dinge wurden natürlich wieder zu Fuß heimgetragen.

Mit dem Pferdegespann wurden die Särge auf den Wadriller Friedhof gebracht, eine Leichenhalle gab es nicht. Bäcker Reinhold Molitor kam mit dem Planwagen und seinen Backwaren hochgefahren und „Ku:erzen-Klaus“ belieferte das Dorf mit Lebensmitteln, die vorher mit Zetteln bestellt worden waren. Geschäfte oder Handwerksbetriebe gab es hier natürlich in Anbetracht von maximal 100 Bewohnern nie. Diese Einwohnerzahl hatte über viele Jahrzehnte Bestand.

Seit Jahrzehnten findet immer am Dienstagabend vor Christi Himmelfahrt eine Bittprozession von Wadrill nach Reidelbach statt. Pfarrer und Gläubige von St. Martinus pilgern singend und betend über den Kirchenpfad. Nach kurzer Rast auf halber Strecke am dortigen Wegekreuz geht es hoch zum Herz-Jesu-Kapellchen, wo im Freien eine Messe stattfindet. (s. im Kapitel Wegekreuze) Zum Abschluss kehren Wadriller, Gehweilerer und Reidelbacher im daneben liegenden Schützenhaus ein.

Zwei Wadriller freien in Reidelbach
Görgen Jupp ist auf der Musik bei Fritzen. Auf der Treppe sieht er Marianne Kleser vom Hu:erf. „Ei, watt kémmt dann hei fi:er’e schee Mädchin!“ Hecken Hubert droht ihm: „Loss dö Fenger vonn dämm Mädchin!“ Er aber folgt der Marianne und küsst sie auf dem Weg nach Reidelbach. Er fragt sie, ob er sie wiedersehen darf, worauf ihm Marianne erwidert: „Wenn dòu ött äärscht männscht, kannscht dòu däi ganz Läärwen kómmen!“ Und so war es dann auch. Marianne stirbt 2018 nach 65 Jahren Ehe, Jupp folgt ihr 2019.

Hermann Brücker, Rita Marx-Barth, Maria Marx, Manfred Paulus 2017
Marianne und Josef Görgen 2017

Trinkfreudig

Sehr durstig – wegen der Höhenluft – scheinen die Hu:erwer auch zu sein. Kurt Paulus, der Wirt vom Reidelbacher Hof, erinnert sich:

Es war im Juni 1983 oder 1984. In Reidelbach wurde die Hu:erwer Körmes gefeiert.

Für dieses Wochenende hatte die Saarfürst Brauerei eine interne „Rangliste“ angelegt, wo saarlandweit das meiste Fassbier verkauft wurde.

Der Reidelbacher Hof landete mit seinen sage und schreibe 100 Einwohnern auf dem zweiten Platz, nur knapp geschlagen vom Saarbrücker Hauptbahnhof.

Weiteres Interessantes aus der Geschichte Reidelbachs

  • 1892 lehnen es die Reidelbacher Bürger ab, ihre Kinder nach Wedern in die Schule zu schicken.
  • 1928 Die Gemeinde errichtet den Wasser-Hochbehälter.
  • 1937 (1.10.) Eigene Poststelle mit öffentlichem Fernsprecher
  • 1947 Bau der Kapelle bei der sog. „Weinburg“
  • 1956 Bei einem Brand dauert das Eintreffen der Wadriller Feuerwehr so lange, dass das Gebäude völlig abbrannte.
  • 1958 Die Baracke, die bis heute den größten Teil des Schützenhauses ausmacht, wird errichtet. Das erste Schützenfest wird gefeiert.
  • 1970 werden vier Mammutbäumen angepflanzt (2022 beseitigt).
  • 1979 (Mai) Abriss der Gaststätte Paulus („Gelzer“), Reidelbach