Großer Bahnhof mit Cremeschnittchen
Albert Räsch
Am Nachmittag des 10. Oktober 1955 ist ganz Wadrill auf den Beinen. (SZ vom 19.12.1995) Am Lichthäuschen beim Dörrbach zwischen Gehweiler und Wadrill wartet eine dichte Menschenmenge auf Alois Brücker, den letzten Wadriller in russischer Kriegsgefangenschaft.


Seine Frau Maria und die Söhne Alois und Günther haben ihn am Bahnhof in Saarbrücken zusammen mit unzähligen Menschen und dem saarländischen Ministerpräsidenten Johannes Hoffmann begrüßt und mit einem engen Renault 4 CV („Cremeschnittchen“) abgeholt. 1 Wenige Tage vorher war er aus einem Gefangenenlager bei Swerdlowsk in der südlichen Ukraine entlassen worden.2


Das erste Lebenszeichen fast drei Jahre nach dem Ende des Krieges: Aloys meldet sich am 3.1.1948 aus einem russischen Kriegsgefangenenlager
Bei seinem Besuch in Moskau im September hatte Bundeskanzler Konrad Adenauer nach tagelangen Verhandlungen die Freilassung der letzten 10.000 deutschen Kriegsgefangenen erreicht.



Angeführt vom Musikverein bewegte sich der prozessionsartige Zug zum Vorplatz der Pfarrkirche, wo der 49jährige ehemalige Unteroffizier und frühere Malermeister von Pastor Schuler begrüßt wurde. Vor dort ging es bis zu seinem Wohnhaus in der Mühlenstraße, wo am folgenden Sonntag die offizielle Willkommensfeier stattfand.


„Tränen der Freude“
In der Menschenmenge war auch ein Mitschüler seines Sohnes Günther, der 7.-Klässler Alois Klauk. Er berichtet von diesem denkwürdigen Ereignis in der Chronik der Volksschule Wadrill:



Mit der überraschenden Rückkehr von Alois Brücker konnte in Wadrill formal ein Schlussstrich unter den 10 Jahre vorher zu Ende gegangenen verheerenden Weltkrieg gezogen werden.3 Was aber für viele weiterhin – oft lebenslang – blieb, war meist schmerzliche Erinnerungsarbeit. Erinnerungen an den jungen, geliebten Sohn und Bruder, den unvergessenen Ehemann, den Vater, den man nie wirklich kennengelernt hatte. Wir gedenken ihrer in dem Vertrauen darauf, dass von deutschem Boden nie wieder ein Krieg ausgehen möge.4
- Die Saarbrücker Zeitung berichtete ausführlich über die Heimkehrer. Alois‘ jüngerer Sohn Günther stellte die Fotos zur Verfügung.
- Alois (Aloys) war seit 1945 in verschiedenen russischen Kriegsgefangenenlagern interniert.
- Allerdings gelten 1956 immer noch 12 Wadriller Soldaten als vermisst
- Alois starb 1993 im Alter von 87 Jahren

